Rene fragt nach der Pflicht zu Schneefangeinrichtungen am Dach.
René schrieb:
Frage
Hallo
Hans-Gert,
Wegen einem akuten
"Dach-Frage-Rechts-Gewährleistungs-Problem" habe ich
mich auf WER-WEISS-WAS angemeldet und du bist jetzt mein erstes
"Opfer".
... ich erlaube mir das persönliche DU zu
verwenden – okay?
Folgende
Historie:
Ich habe Ende 2006 mein Dach komplett renovieren lassen,
Braas Dachsteine mit Spezialbeschichtung ausgesucht und die
innenliegende Kastenrinne samt Außenverkleidung in edlem Kupfer
ausführen lassen (war vorher verzinktes Stahlblech) - alles von
einem schwäbischen Meisterbetrieb. Zuvor waren die alten Braas
Dachsteine verbaut, die sehr, sehr rauh waren, sodass der Schnee auf
der Nordseite des Daches (38 Grad Neigung) beim Abschmelzen nie ins
Rutschen kam.
Nun hatten wir aktuell im November ca. 8 cm Schnee,
der beim Abschmelzen sich nicht wie bisher auf den Dachsteinen
gehalten hat, sondern anfing sich zusammenzuschieben und nur durch
die Kastenrinne gehindert wurde, als Lawine herunterzukommen. Das
hatte aber zur Folge, dass das ganze Schneebrett nun auf eine Länge
von 15 m auf die empfindliche Kupferrinne gedrückt hat - was bei
dieser 8-cm-Schneedecke bereits zu sichtbaren Verformungen des
Kupferbleches geführt hat.
Meine Angst ist nun, dass ein stärkerer Schneefall hier ganz andere Spuren hinterlassen könnte.
Somit habe ich meinem Dachdeckermeisterbetrieb dieses Problem schriftlich aufgezeigt und ihn darauf hingewiesen, dass ich ihn hier nicht aus der Verantwortung nehmen kann, da er mir in der Angebotsphase weder ein Schneefanggitter angeboten, noch mir dies ernsthaft angeraten hat - es war nie ein Punkt über den wir sprachen.
Ich
meine, dass ein Fachbetrieb sehr wohl wissen müsste, dass mit
neuen, glatten Dachsteinen eine andere Problematik zu erwarten ist
als vorher. Zusätzlich wurde auf Ja die vorhandene Regenrinne
aus verzinktem Stahlblech gegen diese sehr empfindliche
Kupferverblendung ausgetauscht, die bei weitem nicht so belastbar ist
wie das alte System.
Ich habe diesen Brief bereits vor 3 Wochen
versendet, jedoch ohne bislang etwas von dem Chef der Firma zu hören.
Dies verunsichert mich nun. Bin ich mit meiner Erwartungshaltung im
Unrecht, d. h. bin ich für die entstandenen und kommenden
Schäden verantwortlich, oder geht das zu Lasten der
Gewährleistung?
Würde mich freuen, wenn du mir ein paar
griffige Argumente für ein Telefonat mit dem Dachdeckerbetrieb
mailen könntest.
Bis dahin, beste Grüße aus dem
Schwarzwald, René
Antwort
Hallo
Rene,
Deine Frage hat rechtliche Natur. Zur Beantwortung ist ein
Rechtsanwalt zuständig, nur er ist befugt rechtlich zu beraten.
Ich kümmere mich nur um die Fachtechnik und habe Dir einige
Passagen aus den Fachregeln des Dachdeckerhandwerks angefügt,
die ein Dachdecker befolgen sollte.
Weitergehende Untersuchungen
und Stellungnahmen überschreiten das mir Zumutbare (von solchen
Dingen lebe ich).
Aus
der Grundregel für Dachdeckungen, Abdichtungen und
Außenwandbekleidungen:
4 Einwirkungen und
Beanspruchungen
4.1 Allgemeines
Von den
Umfassungsflächen baulicher Anlagen werden Schutzfunktionen
erwartet, die durch Dachdeckungen, Abdichtungen,
Außenwandbekleidungen oder andere Maßnahmen erreicht
werden sollen. Grundlage aller Maßnahmen ist eine auf das
jeweilige Objekt bezogene sach- und fachgerechte Planung mit
eindeutigen Vorgaben bzw. Abklärungen zur Ausführungsart
und Auswahl der Werkstoffe. Abhängig von den zu erwartenden
Einwirkungen ergeben sich unterschiedliche Beanspruchungen. 4.2
Beanspruchungen durch Feuchtigkeit
(2) Niederschlag tritt als
Regen, Schnee, Hagel oder Eis auf. Bei extremen Standorten oder
besonderen Witterungsverhältnissen können sich diese
Niederschläge in Treibregen, Flugschnee, Schnee- oder
Eisschanzenbildung auswirken.
5
Anforderungen
5.5 Standsicherheit
(4) Die Berücksichtigung
von Schnee- und Eislasten betrifft insbesondere die
Unterkonstruktion, die vom Statiker berechnet werden muss. Bei
Übersparrrendämmsystemen müssen die Schnee- und
Eislasten, unter Berücksichtigung der neigungsabhängigen
Schubkräfte, sicher in die Unterkonstruktion abgeleitet werden.
Die Notwendigkeit von Schneerutschsicherungen und/oder
Schneefangvorrichtungen kann in regionalen Bauvorschriften gefordert
werden und ist zu berücksichtigen. Aus der Fachregel für
Dachdeckungen mit Dachziegeln und Dachsteinen
4
Dachdetails
4.1 Traufe
(8) In schneereichen Gebieten, in
denen mit Schnee- und Eisschanzenbildung an der Traufe über
einen längeren Zeitraum zu rechnen ist, ist es sinnvoll, die
Zusatzmaßnahme hinter die Rinne auf einen Tropfwinkel zu
führen, um die Belüftung der Dachdeckung in der
Konterlattenebene sicherzustellen. Hierbei ist jedoch mit
abtropfender Feuchtigkeit hinter der Rinne zu rechnen (siehe Abb.
4.1).
Aus
der Fachregel für Metallarbeiten im Dachdeckerhandwerk
11
Schnee- und Eisschutz
11.1 Allgemeines
Gemäß den
Festlegungen in den Landesbauordnungen können für Dächer
an allgemein zugänglichen Wegen und über Eingängen
Vorrichtungen zum Schutz gegen das Abrutschen von Schnee und Eis
gefordert werden.
11.2 Ausführung von
Schneerückhaltesystemen
(1) Im Traufbereich wirksame
Schneefangsysteme sind nicht für jeden Anwendungsfall geeignet.
Sie kommen vorrangig in wenig schneereichen Gebieten oder bei sehr
kleinen Dachflächen zum Einsatz. Bei großen, steilen oder
glatten Dachflächen (Metall, beschichtete Dachziegel, o. ä.)
und bei hohem Schneeaufkommen sollten Systeme verwendet werden, die
über die ganze Dachfläche wirksam sind.
(2)
Schneefangsysteme bestehen aus:
- Schneefanggittern mit
dazugehörigen Stützen,
- Schneefangprofilen mit
Haltern,
- Rundhölzern mit Haltern
-
Rohrschneefang-Systemen mit Klemmlaschen,
- Schneestoppern,
flächendeckend.
Stützen und Halter sollten auf jedem
Sparren, Laschen auf jedem Falz befestigt werden.
11.3
Dachflächen- und Rinnenheizungen
Um Vereisungen an
Dachtraufen, Dachrinnen, Kehlen, Regenfallrohren usw. zu vermeiden
und einen sicheren Schmelzwasserabfluss zu gewährleisten, können
elektrische Heizsysteme mit Heizleitungen zur Anwendung kommen.
Kommst du damit zurecht? :-) Gruß Hans-Gert